Elektronische Bremssteuerung – Kontrolle über die Fahrdynamik

Die elektronische Bremssteuerung kann jede einzelne Radbremse individuell ansprechen. Das schafft die Basis für die komplexe Steuerung der Fahrzeugdynamik und eine Vielzahl von Fahrassistenz-Systemen bis hin zum hochautomatisierten Fahren.

Kontakt

Knorr-Bremse Systeme für Nutzfahrzeuge GmbH

Moosacher Str. 80
80809 München
Deutschland

Tel.: +49 8935470
info@knorr-bremse.com

Fahrzeughersteller setzten in den vergangenen Jahrzehnten bei der Bremssteuerung auf technisch unterschiedliche Systeme. In manchen Märkten kommen noch heute rein pneumatische Systeme zum Einsatz, wobei sich das leistungsfähigere elektronische Bremssystem weltweit immer weiter durchsetzt. Hintergrund sind unterschiedliche gesetzliche Anforderungen und differierende Kundenprofile. ABS- bzw. EBS-Systeme gehören heute zur Standardausrüstung von Lkw und Bussen. 2022 überschritt die Zahl der weltweit ausgelieferten ABS-/EBS-Systeme von Knorr-Bremse die 13-Millionen-Marke. Global Scalable Brake Control (GSBC) von Knorr-Bremse führt die bislang getrennten Systemwelten zusammen und realisiert völlig neue Möglichkeiten.

Steuergerät, Fußbremsmodul, 2-Kanal Elektro-Pneumatischer Modulator

Anti-Blockier-System (ABS)

Das Anti-Blockier-System (ABS) stellt eine Erweiterung der rein pneumatischen Bremsanalge dar und ermöglicht elektronische Eingriffe. Der vom Fahrer eingeleitete Bremsvorgang wird weiterhin pneumatisch vom Fußbremsventil bis an die Radbremse übertragen. Zusätzlich überwacht das ABS die Raddrehzahlen und verhindert das Blockieren der Räder beim Bremsen und vermeidet damit ein unkontrolliertes Ausbrechen des Fahrzeugs.

Mit demselben System können weitere Funktionen wie die Anti-Schlupf-Regelung (ASR), das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) oder die Anfahrhilfe am Berg (Hill Start Aid) realisiert werden.

Wesentliche Vorteile:

  • Einfaches Steuerungsprinzip
  • Kürzere Bremswege
  • Sichere Fahrzeugführung
Drucksteuerventil
Vorderachsmodul
Integriertes Hinterachsmodul

Elektronisches Bremssystem (EBS)

EBS oder Brake-by-Wire-Systeme sind vollständig elektronisch gesteuerte Bremssysteme. Über einen Pedalwegsensor wird der Bremswunsch des Fahrers erfasst. Das Steuergerät berechnet anhand von weiteren Faktoren wie Fahrzeuggeschwindigkeit, Beladungszustand und Raddrehzahlen den nötigen Druck für jede Achse. Diese Informationen gelangen über den CAN-Bus zu den elektro-pneumatischen Modulatoren (EPM), die den Bremsdruck einregeln. Über die Drehzahlsensoren wird die resultierende Verzögerung zurückgemeldet. Dieses Brake-by-Wire-Prinzip ist die Basis für zahlreiche weitere Bremsanwendungen im Komfort- und Sicherheitsbereich bis hin zum automatisierten Fahren.

Wesentliche Vorteile:

  • Individuelle Druckregelung je Achse und damit optimale, lastabhängige Bremskraftregelung bei gleichbleibendem Pedalgefühl für den Fahrer
  • Harmonische Verteilung des Verzögerungswunsches auf die Dauer- und Betriebsbremsen (Brake Blending)
  • System übernimmt die Druckregelung für den Trailer und stimmt die Abbremsung von Zugfahrzeug und Trailer optimal aufeinander ab (Coupling Force Control)
  • Technische Voraussetzung für die Automatisierung des Bremsvorgangs über Fahrerassistenzsysteme
  • Anpassung der Bremskraftverteilung zur Harmonisierung des Belagverschleißes an allen Achsen (Lining Wear Control)
1-Kanal Elektro-Pneumatischer Modulator
Lenkwinkelsensor
Anhängerregelmodul

Global Scalable Brake Control (GSBC)

Die separaten Systemwelten von ABS und EBS sorgen auf unterschiedlichen Ebenen für unnötig große Aufwände. GSBC von Knorr-Bremse führt diese Systemwelten in einer modularen Bremssteuerung zusammen, was völlig neue Möglichkeiten eröffnet, die Kosten senkt und das Systemgewicht reduziert. Vor allem bietet GSBC Nutzfahrzeugherstellern eine zukunftssichere Grundlage für die kommenden Fahrassistenzfunktionen, die E-Mobilität und das hochautomatisierte Fahren. GSBC verfügt über die neuesten Cyber-Security-Funktionen.

Bis zu 50 Prozent weniger Teile, mehr Funktionen

Durch die Vereinheitlichung der Komponenten und den modularen Aufbau des gesamten Systems ermöglicht GSBC kostenoptimierte Systemlayouts. Montagepositionen und Anschlusslagen fallen jetzt für ABS- und EBS-Konfigurationen weitestgehend einheitlich aus. Auch die Verläufe von Kabeln und Pneumatikleitungen sind angeglichen. Für Fahrzeughersteller bedeutet das einen deutlich geringeren Anpassungsaufwand beim Wechsel zwischen ABS und EBS.

Modulare Software

Auch die GSBC-Software ist modular aufgebaut. Damit lassen sich heutige Standardfunktionen wie Antiblockiersystem, Traktionskontrolle oder die Über- oder Untersteuerungskompensation leicht realisieren. Gleichzeitig kann das System auch das Zusammenspiel von Betriebsbremse, Retarder, Abgasklappen und ggf. Elektromotoren (Brake Blending) koordinieren. Aber auch zusätzliche Funktionen wie etwa die Anfahrhilfe am Berg oder die automatische Aktivierung der Bremse bei geöffneter Kabinen- oder Bustür sind auf dieser Basis einfach möglich.

Spezielle Systemarchitekturen für das hochautomatisierte Fahren

Als Erweiterung des GSBC-Systems entwickelt Knorr-Bremse spezielle Bremssysteme zur weiteren Erhöhung der Fahrzeugverfügbarkeit. Bei diesen Systemen bleibt die Gesamtfunktionalität selbst dann erhalten, wenn Fehler in einzelnen Systemkomponenten auftreten. Diese redundanten Systemarchitekturen sind notwendig, um den sicheren und wirtschaftlichen Betrieb eines SAE-Level-4-Nutzfahrzeugs zu gewährleisten. Fahrzeuge dieser Art sind in der Lage, unter gewissen Voraussetzungen die gesamte dynamische Fahraufgabe selbsttätig zu übernehmen.

Knorr-Bremse verfolgt dabei einen breiten und modularen Ansatz und bietet Produkte angepasst an den Einsatzzweck an. Das Angebot erstreckt sich von Lösungen für das Minimal-Risk-Maneuver, das jederzeit ein sicheres Anhalten und Abstellen des Fahrzeugs gewährleistet, bis hin zur Mission-Complete-Lösung, die auch im Fehlerfall ein sicheres Weiterfahren ermöglicht. Realisiert wird dies durch kombinierte und intelligente Systemarchitekturen mit mehreren Rückfallebenen, um eine maximale Performance zu gewährleisten.

Wesentliche Vorteile:

  • Einheitliche Plattform für alle Bremssteuerungsfunktionen weltweit
  • Zusammenführen von ABS- und EBS-Systemwelten
  • Spart signifikant Bauraum und Montageaufwand
  • Skalierbare Systemkonfigurationen bis hin zur Redundanz für das hochautomatisierte Fahren
  • Neue spezifische Funktionen für die optimale Unterstützung der E-Mobilität – unter anderem Rekuperation und Einbindung von E-Motoren in den Regelkreis für die Fahrdynamik
  • Cyber-Security von der Produktion bis zum Betrieb
  • ISO26262-konforme Entwicklung für die funktionale Sicherheit

Die neue Generation des Trailer EBS

Die neue Generation des EBS für Anhänger ist das iTEBS X. Das elektronische Bremssystem vereint in einer kompakten Baugruppe das Steuergerät, die Sensorik und die pneumatische Bremsansteuerung. Die ABS-Funktionen und das lastabhängige Bremsen werden beide elektronisch innerhalb des Moduls gemanagt. Die unterschiedlichen Varianten des iTEBS X ermöglichen eine optimierte Balance zwischen Kosten und Nutzen. Das gilt insbesondere für die sogenannte LAC-Variante mit integrierter Aktuatorik für die Liftachse. Darüber hinaus sorgt das neue Steckerkonzept für höchste Flexibilität bei der Trailer-Verkabelung.

Wesentliche Vorteile:

  • Kosteneffizienter modularer Aufbau
  • Variante mit integrierter Liftachsfunktionalität
  • Einheitliches Trailer-Layout und Harmonisierung der Verrohrung
  • Zusätzlicher Versorgungsanschluss und integriertes Überströmventil
  • Einfache Installation durch unveränderte Montagepunkte über alle Produktgenerationen
  • Flexibles und modulares HDSCS-Steckerkonzept
  • Kompatibel mit allen Arten von Zugfahrzeugen
  • Rollstabilitätsprogramm (RSP) integriert
  • Notbremsassistent integriert
Intelligentes Elektronisches Anhängerbremssystem

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